Berlin schreibt vielen Menschen, auch mir, die Geschichten wie von selbst – die Jahreszeiten geben ihr übriges noch dazu. Und so begleitet mich und die Leser von Rosegarden die kommenden zwölf Monate die Geschichte um eine Gemeinschaft von vierzehn Personen in Episoden, die erst im Laufe des Jahres entstehen. Die Fotografin Saskia Kyas gibt jeden Monat den passenden optischen Zusatz.
Nichts außer Wetter und Demonstrationen.
Für Auswege fehlten Matthew Porter die Mittel, und dies in jeder Hinsicht. Die Stadt zu verlassen war jene Empfehlung, die ihm niemand persönlich übergeben wollte oder bereit war, das Gespräch in eine solche Richtung zu lenken. Das geringe Einkommen der letzten Wochen schürte Unzufriedenheit und immer wieder Situationen, die Matthew verdrängen musste.
Diane hielt sich länger schon fern. Die Hundehaarallergie schien ein optimales Alibi, wenn die Ausrede der anstrengenden Proben und derzeitigen Vorbereitungen im Atelier sich zu sehr häufte. Meist traf sie sich mit David zu zweit, in Bars ohne Namen und an Abenden ohne Ergebnis.
David Massari überhaupt. Er war ihm nicht mehr der Freund von vor neun Wochen. Der tolerierte, dass Matthew eine vorgelebte Struktur brauchte. Der akzeptierte, dass Matthew Geheimnisse mit sich trug, die ihm den Alltag erschwerten und Berlin zu der Herausforderung machten, die so oft schon besprochen scheint. Ein David, der ihm aus dem Weg ging, gar aus den Augen trat.
Von oben schüttete es Wassermassen, die unwirklich schienen. Das hielt die Menschen keineswegs ab, in Trauben mit aufgeweichten Plakaten von der Nebenstraße her ihre Route abzugehen. Matthew drängelte sich an den Blockaden vorbei, entlang der Hauswand. Sein Mobiltelefon war tagelang schon defekt, so war er wie abgeschnitten von der Runde, die sich heute auf der Dachterasse treffen wollte, nun aber auf engstem Raum bei Frau vom Felde saß und zu Hawaii Toast, Espresso und Korn Abschied vom Doktor nahm. Worte waren rar gesät, während all die aufgebaute Zwietracht weit im Gestern schien. Die Gemeinschaft fühlte sich einmal wieder als solche. Dem einen stand das schlechte Gewissen im Gesicht, der nächsten die Unsicherheit. Es wurde auf dem Hinweg in Gruppen schon aufgearbeitet, manches gemutmaßt und Altes vor der Haustür in losen Worten begradigt. Mittendrin eine Frau Kluge, welcher der Tod des Doktors die meiste Veränderung bescherte.